Von Nullachtfünfzehn bis bombastisch – Welche Phrasen du in Kriegszeiten besser nicht verwenden solltest
Der Krieg in der Ukraine ist allgegenwärtig und es sieht leider so aus, als würde sich daran so schnell nichts ändern. Dass es trotzdem irgendwie weitergehen muss, da sind wir uns alle einig. Nur wenn es um das “Wie” geht, suchen viele immer noch nach einem guten Weg. Unternehmen beschäftigen sich völlig zurecht mit Fragen wie “Ist es richtig, einfach weiter zu werben, als wäre alles “gut”? Kann ich die Umstände vielleicht sogar für mich positiv nutzen?
COCO sagt: Ja zu Marketing, aber mit Vorsicht und Feingefühl. Stichwort “Nuclear Messaging”. Dieser Ausdruck beschreibt eine Sonderform der menschlichen Kommunikation. Diesen Code gibt es seit dem Kalten Krieg und er kann nur von Eingeweihten vollständig verstanden werden. Es ist eine Sprache der Worte und Gesten, die sich direkt an den Gegner wendet.
Die eingeweihten Expert*innen suchen in Reden und Botschaften wortwörtlich die Nadel im Heuhaufen. Die Liebe zum Detail ist hier gefragt. Diese Mikro-Botschaften werden nach Aggressionen, Zeichen der Schwäche oder auch Zeichen auf einen Atomschlag durchforstet. Welche Worte sind also eskalierend bzw. deeskalierend?
Auf diese Frage gibt es leider keine eindeutige Antwort. COCO zeigt dir in der folgenden Studie, was du in dieser heiklen Zeit beim Thema Marketing beachten musst.
Unsere Expertise: COCO new media ist eine Content Strategie Agentur mit über 25 jähriger Erfahrung rund um Suchmaschinenoptimierung und Content Marketing. Wir wissen, dass man im Marketing feinfühlig auf aktuelle Gegebenheiten reagieren muss und der russische Krieg in der Ukraine ist eine besonders heikle Situation für die Kommunikation von Unternehmen.
Unüberlegt und gefloppt
Edeka hat gleich mal gezeigt, wie es nicht gemacht wird. “Freiheit ist ein Lebensmittel” lautet der Slogan auf der blau-gelben Flagge. Mit diesem Slogan wollte Edeka Solidarität für die Ukraine zeigen, doch das ging ordentlich nach hinten los. Vor allem auf Facebook beschwerten sich viele lautstark über diese Werbung. Der Post gilt mittlerweile bei Kritikern als misslungener Versuch, das eigene Image aufzupolieren. Also merken wir uns: Auf Imagepflege im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg sollten Sie besser verzichten!
Farbe bekennen: So einfach ist es leider nicht
Das eigene Logo in blau-gelb einzufärben ist schnell gemacht. Dann nur noch einen Text, wie wichtig Freiheit ist und fertig ist die neue Werbekampagne. Oder? Wenn es nur so einfach wäre. Als Geschäftsführer*in ist es wichtig zu hinterfragen, aus welchem Grund Sie diese Kampagne starten wollen. Die Positionierung zu solchen spezifischen Anlässen gelingt nur dann, wenn diese glaubwürdig kommuniziert wird und beispielsweise zur Markenhistorie passt. Geld- und Sachspenden kommen immer gut an und helfen wirklich. Eine Aussage wie die folgende klingt mehr nach authentischer Beteiligung am aktuellen Geschehen: “Seit über 10 Jahren helfen wir mit Geldspenden Menschen in Kriegsgebieten und jetzt möchten wir natürlich auch die Ukraine unterstützen.”
Wenn deine Kampagne glaubwürdig verpackt ist und auf einer nachvollziehbaren Grundlage basiert, kann sie erfolgreich sein und zudem einen unterstützenden Beitrag leisten. Kurz: In Kriegszeiten sind Taten mehr wert als Worte. Ständige Versprechen, aus denen dann doch nichts wird, helfen weder den Menschen in der Ukraine noch deinem Unternehmen. Wenn du schon länger an Hilfsorganisationen beteiligt bist, bringe diese auf jeden Fall ein.
Wie äußere ich mich meinen Kunden gegenüber?
Vor allem Konsumierende möchten, dass das Unternehmen ihres Vertrauens Stellung zu bestimmten politischen Themen bezieht. Für dich als Unternehmer*in bedeutet das aber nicht: Wir veröffentlichen ein dreiseitiges Statement mit allen Meinungen und Ansichten aus unserer Firma. Weniger ist mehr und authentischer. Es geht darum, deinen Kund*innen weiterhin das Gefühl zu geben, dass euer Unternehmen zu den Werten der Konsumierenden passt. Es geht nicht darum, sich in den sozialen Medien ein Statement-Krönchen zu verdienen oder sich plötzlich als Weltretter-Firma zu positionieren, vor allem dann nicht, wenn es gar nicht zur bisherigen Unternehmenskommunikation passt.
COCO sagt: Ein offizielles Firmen-Statement ist in solchen Zeiten nur angebracht, wenn du genau darauf achtest, was du sagst. Mache dir deshalb genau Gedanken, ob du etwas zum Thema zu sagen hast. Und wenn nicht, ist es auch okay, sich kurz zu halten. Überhaupt nichts zu einem brisanten Thema zu sagen, ist allerdings auch nicht die beste Herangehensweise. Solange du dich grob äußerst, ohne zu tief ins Detail zu gehen, bist du auf der sicheren und glaubwürdigen Seite, denn: Jedes Detail bringt auch mehr Angriffsfläche mit sich.
Das brauchen die Leute jetzt!
Wer einen Gute-Laune-Podcast in der Zeit direkt nach dem russischen Angriff aufgenommen oder veröffentlicht hat, merkte schnell: “Das fühlt sich jetzt irgendwie nicht richtig an”. Am einfachsten ist es, Newsletter oder Podcasts auf unbestimmte Zeit zu pausieren, bis der Schock langsam nachlässt. Und das haben einige in den ersten Kriegswochen auch getan. Aber es gibt noch einen anderen Weg, um Menschen in besonderen Zeiten abzuholen. Unsere Herangehensweise: Thematisiere echte Gefühle. Befasse dich mit deinen Emotionen und gehe ehrlich damit um. Die Leute brauchen jetzt keine hohlen, aufmunternden Phrasen. Setze auf Authentizität. Zeige, was dich bewegt.
Das bedeutet aber nicht, dass jetzt jedes Unternehmen seine Marketingstrategie neu planen muss. Aus psychologischen Studien geht hervor, dass sich Menschen nach ungefähr 6 Monaten an eine Krise gewöhnt haben und wieder in gewohnte Verhaltensmuster verfallen. Während einer Krise sollte aber vor allem zu Beginn und in besonderen Eskalationsphasen geprüft werden, welche Botschaften wie kommuniziert werden sollten, um einen sensiblen Umgang mit Statements und Nachrichten zu gewährleisten. Damit dir das besser gelingt, hilft es, die Dinge durch die Kundenbrille zu sehen.
Stelle dir zum Beispiel die Frage: “Wie wirkt dieser Post auf jemanden, der mein Unternehmen nicht kennt?”, “Wie wirkt das auf jemanden, der meine Geschichte nicht kennt?”, “Welche Worte wirken auf mich provokant oder taktlos?”, “Können meine Worte in einem anderen Kontext falsch verstanden werden?”. Hier ein konkretes Beispiel: Ihr Angebot als “bombastisches Produkt” zu bezeichnen, ist in Kriegszeiten keine gute Idee.
Das gleiche gilt auch für Social Media Anzeigen. Wenn diese für einen All-Inclusive Luxusurlaub auf Kreta zwischen Kriegsnachrichten wirbt, hat das einen makaberen Beigeschmack. Es empfiehlt sich, Social Ads erst einmal zu pausieren, da die Platzierung der Anzeigen nicht vom Werbetreibenden verwaltet werden kann, sondern der Post einfach im Feed und damit in einem willkürlichen Kontext auftaucht.
COCO sagt:
Wir empfehlen aber, genau dann mit dem Pull-Marketing Gas zu geben. Besonders in der Suchmaschinenoptimierung. Nimm dir ein aktuelles Problem, dass potenzielle Kund*innen beschäftigt und biete genau dafür eine Lösung an. Verkaufe das, was die Leute gerade oder schon bald brauchen.
Stelle dir die Frage, welche negativen Folgen die Krise mit sich bringt. Sanktionen wirken sich ja zum Beispiel auch auf die Verbraucher*innen aus. Überlege dir, wie dein Angebot bei diesen Problemen helfen kann und mache darauf aufmerksam, dass du etwas hast, was die Kundin oder der Kunde braucht. Doch Vorsicht: Wenn nur schnell Profit aus den Umständen geschlagen werden soll, merken das Konsumierende mit Sicherheit.
Von Nullachtfünfzehn bis bombastisch – Ausdrücke, die in Kriegszeiten ziemlich nach hinten losgehen:

Warum darf ich denn Nullachtfünfzehn nicht mehr sagen?
08/15 bezeichnet in unserem Sprachgebrauch eine Sache die “normal”, “alltäglich”, oder schlichtweg nichts besonderes ist. Aber kennst du eigentlich den Ursprung dieser Redensart? Nein? Das geht den meisten so, und deshalb hat COCO sich schlau gemacht. Der Begriff Nullachtfünfzehn oder auch 08/15 kommt aus dem Ersten Weltkrieg. Das 08/15 oder auch MG 08/15 war das Standardgewehr des deutschen Heeres. Es gilt als Nachfolger des MG 08, welches im Jahre 1908 entwickelt und 1915 verbessert wurde. Der Name 08/15 steht also für das Erfindungsjahr 1908 und die Weiterentwicklung im Jahre 1915. Weil man davon ausgeht, dass die Soldaten mit diesem Standardgewehr eintönige Trainingseinheiten absolvieren mussten, etablierte sich die Aussage “Heute ist wieder 08/15”.
Wie kommuniziere ich Empathie und Mitgefühl?
Wir wissen doch alle, wie man Empathie zeigt, oder? Ja klar, man muss sich doch nur in die andere Person hineinversetzen.
Vorsicht, denn diese Redewendung wird in unserer Gesellschaft häufig falsch interpretiert. Sich in die Lage eines anderen zu versetzen wird meistens gleichgesetzt mit dem Gedanken “Was würde ich an seiner Stelle fühlen?”. Aber diese Frage bringt dich nicht weiter, denn du hast dein eigenes Weltbild und bisst an eine ganz bestimmte Lebenswelt gebunden. Und das ist auch nicht verwerflich.
Nur musst du beachten, dass dein Gegenüber meistens eine völlig andere Lebens- und Gefühlswelt hat. So hast du sicher Ängste, Gedanken und Wünsche, die dein Gegenüber nicht mit dir teilt und umgekehrt.
Angenommen, ein Anderer hat Flugangst. Du hingegen bist viel geschäftlich mit dem Flugzeug unterwegs. In diesem Fall bringt dir der Gedanke, was du an seiner Stelle auf einem Flug empfinden würdest, gar nichts. “Ist doch gar nicht so schlimm” oder “Da passiert schon nichts, Autofahren ist viel gefährlicher” kommt bei der Person mit Flugangst nicht an. Du solltest die Gefühlswelt des anderen als etwas Einzigartiges betrachten, denn Ängste können nicht klar definiert und schon gar nicht nachempfunden werden. Es ist also wichtig, den Menschen als Individuum zu betrachten. Aus der eigenen Perspektive heraus kann in der Regel kein echtes Mitgefühl entstehen.
Wie machen es die anderen?
Pressemeldung BMW
Beim Lesen dieses Textes fällt auf, dass der Ukraine Krieg nur als Nebensache erwähnt wird und in Verbindung mit den Geschäftszahlen. Hier wird nicht auf das Leid der Menschen im Kriegsgebiet eingegangen. Auch von Anteilnahme fehlt hier jede Spur. Der Krieg wird hier lediglich als Grund für die Nicht-Verfügbarkeit von Teilen verwendet. BMW wirkt hier eher gleichgültig und bringt kein Statement ein, das Solidarität mit der Ukraine zeigt.
Pressemeldung VW
Im Gegensatz zu BMW, zeigt VW schon im ersten Satz mehr Mitgefühl als BMW in seinem gesamten Statement. Die Volkswagen-Gruppe spricht über den Krieg in der Ukraine mit großer Betroffenheit. Damit nehmen sie eine Stellung ein, die grundsätzlich gegen diesen Krieg spricht, ohne zu tief auf politische Themen einzugehen. Denn das ist nicht ihre Aufgabe. Dieses Statement dient allein dazu, Kund*innen zu zeigen: “Wir stehen auf der gleichen Seite wie ihr.” Anschließend wird noch auf Konsequenzen eingegangen, die Kund*innen oder das Unternehmen selbst erfahren.
Statement SWM (Stadtwerke München)
Bei den Stadtwerken München geht man in 2 Absätzen auf den Krieg und die Betroffenen ein. Dabei wurde auf eine sehr ausgewählte und einfühlsame Ausdrucksweise geachtet. Umstände oder Einschränkungen, die das Unternehmen betreffen, werden gar nicht thematisiert. Stattdessen berichtet die SWM über neu entwickelte Hilfsangebote für Flüchtlinge aus der Ukraine und Münchner*innen erfahren, welche möglichen Konsequenzen auf sie zukommen könnten. Es fällt auf, dass Kund*innen gleich zu Beginn beruhigt und in den folgenden Absätzen detailliert darüber aufgeklärt werden, dass Privathaushalte erst einmal nichts zu befürchten haben. Im Großen und Ganzen hat die SWM mit ihrem Statement alles richtig gemacht. Der Inhalt und auch die Wortwahl sind der Situation entsprechend sensibel. An dieser Stelle sollte man jedoch erwähnen, dass die Stadtwerke von den drei genannten Unternehmen, das Beispiel mit den wohl am meisten besorgten Kund*innen ist. Deshalb war es für die SWM so wichtig, Bedenken aus dem Weg zu räumen.
Wichtig für Ihre Kommunikation
Krieg ist selten ein guter Zeitpunkt, um das Image aufzupolieren. Bei der Art und Weise und auch bei der Wortwahl muss äußerst achtsam und sensibel gehandelt werden. Im schlimmsten Fall könnten deine Kund*innen glauben, dass du vom Krieg profitieren willst. Spenden- und Hilfsaktionen sollten daher komplett losgelöst von der eigenen Werbung sein. Darunter fallen auch Statements zum Krieg.
Fazit
Grundsätzlich empfiehlt COCO: Zeige auf jeden Fall, dass dich das Thema beschäftigt und dir am Herzen liegt – mit genügend Abstand und auf eine natürliche und authentische Art. Gib den Kund*innen nie das Gefühl, du würdest die Situation zu deinem Vorteil ausnutzen. Es reicht in der Regel, wenn Konsument*innen wissen, dass das Unternehmen ihres Vertrauens die gleichen Werte vertritt. Alles andere kann wortwörtlich schnell zu viel des Guten sein.